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Chor der Pilze

Belletristik

Hiromi Goto

Chor der Pilze

Roman, aus dem Englischen von Karen Gerwig

Ein erzählerisches Meisterstück über kulturelle Identität, Feminismus, Rassismus, und eine Hommage an die Heimat, die wir alle im Kopf haben: unsere Sprache. Mit Passagen von betörender Schönheit.

Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors

Verlagstexte

Natürlich spricht sie die neue Sprache, auch wenn keiner in der Familie das glaubt. Dabei könnte sie, wenn sie wollte, im Kopfstand Shakespeare zitieren, bis sie Nasenbluten bekommt, behauptet die alte Dame. Sie ist vor zwanzig Jahren aus Japan eingewandert, sitzt unverrückbar im Flur ihres kanadischen Hauses und beobachtet alles. Als sie ins Heim soll, macht sie sich mitten in einem Schneesturm davon, geht mit einem jungen Trucker, der sie aufliest, auf einen Roadtrip. Niemand weiß, wo sie sich aufhält – außer ihrer schon in dem neuen Land geborenen Enkelin Muriel, mit der die Großmutter in ständiger telepathischer Verbindung steht. Man erzählt sich drei Leben, ein altes, ein neues, ein mögliches, doppelt gespiegelt und in allen Facetten veränderlich.

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© Cover: Verlag, Foto(s): k. A.

Presse- und Autorenstimmen

Masterpiece of our times

(

The Herald, Harare, Zimbabwe

)

Three generations, mutiple voices, a thousand truths. Hiromi Goto expertly layers the experiences of an immigrant woman, her emotionally estranged daughter and her beloved granddaughter into a complex fabric and compelling story.

(

Patricia Morley, Canadian Book Review

)

Textprobe(n)

Ahhhhh, dieser unablässige, staubige Wind, der die Finger knirschen lässt, hat meinen Verstand ausgedörrt, da bin ich sicher. Gedanken so endlos wie der Atem – ha! In meinen Blasebälgen ist nicht viel Atem übrig, nur dieser Wind. Er bläst einfach und bläst und bläst. Bald bläst er Staub über meinen mumifizierten Kadaver, und die Käfer werden nicht das kleinste bisschen weiches Fleisch zum Nagen finden, geschieht ihnen recht. Staub in meinen Gelenken, so trocken wie Rost, und ich knarre. Ganz schön verbraucht bin ich. Abgearbeitet. Kann mich nicht bücken, um den Staub aufzukehren, der in den Zimmerecken wirbelt. Staubdünung und Wirbel, Partikel bleiben hier, um meine Nase, meinen Mund auszudörren. Spar dir die Mühe mit dem Staubwischen, sage ich. Er kommt sicher wieder. Lass die Staubhaufen wachsen und sich auftürmen, dann pflanze ich Daikon und Auberginensamen. Lass etwas aus diesem täglichen Fluch wachsen. Aber nein. Keiko schaut mich nur aus dem Augenwinkel an. Ich weiß, ich weiß. Schon gut. Macht nichts. Lass Obāchan einfach in ihrem Sessel im Flur sitzen, damit sie sehen kann, wer kommt und geht. Mit dem Rücken zur Treppe, dann kann ich sehen, wer durch die Haustür kommt. Die Leute müssen an mir vorbei, wenn sie ins Haus wollen. Versuch nicht, dich vorbeizuschleichen, ich könnte den Fuß ausstrecken. Wenn ich geradeaus schaue, kann ich beobachten, was im halben Wohnzimmer vor sich geht. Drehe ich den Kopf nach rechts, sehe ich alles von der Küche über die Waschküche bis zum Bad. Wenn ich den Kopf in den Nacken lege, kann ich jeden sehen, der versucht, die Treppe herunterzuknarzen. Niemand bewegt sich in diesem Haus, ohne mir unter die Augen zu treten. Meine Stimme zu hören. Ohne mich zu bemerken, würde ich sagen. Ich versuche, nicht zu starren. Ich nicke und lächle. Willkommen! Willkommen! In dieser Staubgrube. In diesem Hitzekessel. O-hairi kudasai! Dōzo o-hairi kudasai. Sprich laut und d-e-u-t-l-i-c-h. Ich bin womöglich dumm und außerdem taub. Wie können sie glauben, ein Leib könne zwanzig Jahre in diesem Land leben und die Sprache nicht lernen? Aber ich lasse sie in diesem Glauben. Lasse sie glauben, was sie wollen, denn sie wollen es. Solly, Obāchan no speeka Eenglischa. Vielleicht bin ich ja die Idiotin, aber stur bin ich ganz bestimmt und werde es bleiben. Keiko wirft mir in letzter Zeit Blicke zu. Öfter als vorher, mit diesem verkniffenen Zug, als hätte sie sauren Tofu im Mund. Ich bin nicht blind. Ich habe das Gerede gehört. "Ich glaube, wir sollten anfangen, nach einem H-e-i-m zu suchen." Als könnte ich nicht buchstabieren. Fünfundachtzig Jahre alt und aus meinem Zuhause geworfen. Ahhh, wenigstens der Staub ist hier vertraut. Jedes Körnchen, jedes Stäubchen so vertraut wie der Geruch meines Körpers. Keine Zeit jetzt, neuen Staub in einem neuen Zuhause kennenzulernen. Lasst mich einfach hier sitzen. Lasst mich hier im Flur an der Tür sitzen. Hier können mich keine Fenster quälen. Ich höre nur das gedämpfte Brausen des Windes in den isolierten Wänden, und ich kann das unaufhörliche Wirbeln von Staub, von Spreu mit Worten übertönen. Mit kleinen Liedern. Und Summen.

Und Murmeln und Murmeln und keiner da, der zuhört. Ich spreche meine Wörter auf Japanisch und meine Tochter will sie nicht hören. Die Wörter, die von unseren Ohren, unseren Mündern kommen, sie prallen in dem Raum zwischen uns aufeinander.

"Obāchan, würdest du bitte damit aufhören? Sind ein bisschen Ruhe und Frieden zu viel verlangt? Du machst das mit Absicht, oder? Oder? Ich will nur ein bisschen Frieden. Hör einfach auf. Hör bitte einfach auf."

"Gomen nasai. Warui ne, Obāchan wa. Solly. Solly."

Chor der Pilze
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag

mit Lesebändchen, Umschlag aus Naturpapier

264 Seiten
Format: 125 x 195 mm
Auslieferung: ab 21. September 2020
D: 22,00 Euro A: 23,00 CH: k. A.

ISBN (Print) 978-3-944751-24-5

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