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Apatit

Belletristik

Axel Ruoff

Apatit

"Oder es war umgekehrt gewesen, das Hotel war zuerst ein Krankenhaus gewesen, das neben dem Militärlazarett als ziviles Krankenhaus Opfer von Angriffen der Guerilla hatte aufnehmen sollen, und war dann aber, als die blutigen Auseinandersetzungen in anderen Teilen der Provinz stattgefunden hatten, renoviert und in ein amtliches Gebäude umfunktioniert worden, dessen Sicherheit aber nicht hatte garantiert werden können, da sich die politische Situation nicht endgültig zugunsten des Besetzerlandes geklärt hatte, und deshalb war es bald als Hotel vermietet oder verkauft worden."

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Verlagstexte

Staub geht ununterbrochen auf das wüste, kolonial zerwühlte Land nieder, in das eine Frau und ein Mann nach dem fluchtartigen Verlassen des europäischen Kontinents geraten sind. In der unberechenbaren Natur, in der die Koordinaten von Zeit, Raum und Identität aufgehoben scheinen, wird die Hoffnung der Reisenden fragwürdig, sich hier aus den Zwängen ihrer Herkunft, den Beschränkungen ihrer Kultur zu befreien. Vorfälle in dem einzigen, versandenden Hotel des Ortes bleiben undurchschaubar, alles täuscht vor, etwas anderes zu sein, als es ist. Die Reisenden, die dem trügerischen, unwirtlichen Landstrich immer mehr verfallen, überlassen sich Phantasien, Erinnerungen und eigenwilligen Gewohnheiten. Und doch folgt das Unvorhergesehene und Unzumutbare ihrer Irrfahrt der Spur der Vergangenheit, der sie zu entkommen suchen ...

Apatit, von altgriech. apatan, "täuschen, trügen". Nicht näher bestimmte Mineraliengruppe der Klasse der Phosphate. Ermöglicht dem Organismus Wachstum, bringt jedoch im Übermaß jede Entwicklung zum Stillstand.

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© Cover: Verlag, Foto(s): k. A.

Textprobe(n)

DER JUSTIZPALAST, HATTE DER PORTIER STOLZ GESAGT, liege nur zweihundert, die Präfektur dreihundertfünfzig Meter vom Hotel entfernt, andere Gebäude von Bedeutung gebe es in dieser Ortschaft nicht, die zwar fast so viele Einwohner wie eine Kleinstadt habe, aber viel zu planlos und weitläufig gebaut sei, um als solche wahrgenommen zu werden, immerhin liege das Hotel am einzigen Platz des Ortes, der, nicht asphaltiert, an den Vorplatz eines Saloons aus den Western erinnere, die dort wirklich einmal gedreht worden seien, eigentlich unterscheide ihn jedoch nichts von einer Straße, nicht einmal Markt finde dort statt, wie überhaupt in der ganzen weiteren Umgebung des Ortes keine Märkte abgehalten würden. Bei ihrer Ankunft mit dem Bus hätten S und R diesen Platz vielleicht gar nicht als solchen erkannt, weil er nur von wenigen Läden, der einzigen Bar weit und breit und ein paar Gebäuden umgeben sei, zu denen eben der Justizpalast in zweihundert und die Präfektur in dreihundertfünfzig Meter Entfernung vom Hotel gehörten, was der Portier mit so übertriebenem Stolz wiederholte, dass sie nicht wussten, ob er sich über sie lustig machen oder sie einschüchtern wollte. Auch wenn er zugeben müsse, dass der Justizpalast geschlossen sei, sehe dieser wie neu gebaut aus und sei jederzeit betriebsbereit, denn die Besatzer hätten voreilig geglaubt, sie könnten bald zu einer zivilen Tagesordnung übergehen, aber solange hier Kriegsrecht herrsche, bleibe der Justizpalast geschlossen und alle rechtlichen Angelegenheiten würden wie die der Verwaltung dem Militär obliegen, Rechtsbeistand würden S und R hier kaum finden, wenn sie solche Unterstützung suchten, und auch in der Präfektur würden sie vergeblich die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung beantragen, weil das Gebäude in einen Polizeiposten umfunktioniert worden sei, der nichtsanderes zu tun habe, als dem Militär zuzuarbeiten. Im Nachhinein schien ihnen die Auskunft des Portiers über die Nachbarschaft des Hotels fast eine Warnung zu sein, als ob die geographische Nähe zu den staatstragenden Einrichtungen Rückschlüsse auf die eigentliche Funktion des Hotelgebäudes zuließe, in dem vorher angeblich ein Krankenhaus untergebracht gewesen war, obwohl die Fassade eher Ähnlichkeit mit einem Justizgebäude oder wenigstens einem verwahrlosten Verwaltungsbau hatte. Vielleicht war das Hotel also zuerst ein Amtsgebäude gewesen und hatte wie der Justizpalast vergeblich auf eine Inbetriebnahme gewartet, bis es während des Krieges oder der anschließenden politischen Unruhen in ein Krankenhaus umfunktioniert worden war, um der Versorgung von Verletzten zu dienen. Die Krankenhauseinrichtung war dann vor der Aufnahme des Hotelbetriebs wieder beseitigt worden, aber ein solch kostspieliger Umbau war dem Gebäude nicht mehr anzusehen, wahrscheinlich weil es bereits in den ersten Jahren der Besetzung und gewaltsamen Befriedung der Region renoviert worden und in den letzten dreißig Jahren so heruntergekommen war, wie sie das Gebäude jetzt vorfanden. Oder es war umgekehrt gewesen, das Hotel war zuerst ein Krankenhaus gewesen, das neben dem Militärlazarett als ziviles Krankenhaus Opfer von Angriffen der Guerilla hatte aufnehmen sollen, und war dann aber, als die blutigen Auseinandersetzungen in anderen Teilen der Provinz stattgefunden hatten, renoviert und in ein amtliches Gebäude umfunktioniert worden, dessen Sicherheit aber nicht hatte garantiert werden können, da sich die politische Situation nicht endgültig zugunsten des Besetzerlandes geklärt hatte, und deshalb war es bald als Hotel vermietet oder verkauft worden.

Apatit
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Broschur
346 Seiten
Format: 120 x 190 mm
Auslieferung: ab 1. Mai 2015
D: 28,00 Euro A: 28,00 Euro CH: 48,00 CHF

ISBN (Print) 978-3-99028-418-6

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