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Die Welt die meine war. Die Sechziger Jahre

Belletristik

Ketil Bjørnstad

Die Welt die meine war. Die Sechziger Jahre

Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs, Kerstin Reimers und Andreas Brunstermann

Im September erscheint bei Osburg Ketil Bjørnstads Roman "Die Welt, die meine war". Der international anerkannte Autor, Komponist und Pianist präsentiert einen großen Lesestoff, mit dem er die sechziger Jahre wiedererstehen lässt und aus seinem besonderen Blickwinkel miterlebbar macht. Lassen Sie sich auf eine Reise durch die Jahrzehnte mitnehmen, die mit diesem Band beginnt.

Verlagstexte

Der norwegische Musiker und Bestsellerautor Ketil Bjørnstad hat sich mit seinem neuen Projekt ein großes Ziel gesetzt: Jedem Jahrzehnt seines Lebens soll ein Roman gewidmet werden. Er beginnt mit den sechziger Jahren und zeigt die Ereignisse aus der Sicht des jungen Ketil, der immer ein wenig anders denkt als seine Zeitgenossen: Chruschtschow findet er gut, Kennedy ist für ihn ein fieser Schleimer. Die sowjetischen Kosmonauten sind ihm eher ein Vorbild als die Astronauten aus den USA. Sein politisch aktiver Vater und seine musikalische Mutter prägen sein Leben in diesen Jahren, auch wenn sich erst langsam abzeichnet, dass hier ein musikalisches Genie heranwächst. Denn selbst in der Familie ist passiver Widerstand zunächst Ketils Überlebensstrategie. Wird er ans Klavier gesetzt, sorgt er dafür, dass es schrecklich klingt. Und doch hat er am Ende der sechziger Jahre seine ersten Auftritte als neues Wunderkind, dem alle eine Weltkarriere voraussagen. Davor aber liegt eine kurze Zeit als Mobbingopfer, er tastet sich ganz zaghaft an die Sexualität heran, schwärmt für Schauspielerinnen, seine Großtante und allerlei Nachbarmädchen, merkt, dass die klassische Männerrolle nichts für ihn ist, und verweigert sich – und immer findet er Trost in Büchern, Musik und Freundschaften.

Ketil Bjørnstad zeichnet ein grandioses Bild der Sechziger, mit Kaltem Krieg, Mondlandung und Beatles, um nur einige Stichwörter zu nennen, das alles aus der Sicht eines scharfsichtig beobachtenden Jungen und jungen Mannes. Der erste Band von Ketil Bjørnstads Romanzyklus wurde in Norwegen mit großer Begeisterung aufgenommen und wurde wie die beiden weiteren bisher erschienenen Bände zu Bestsellern mit 120.000 verkauften Exemplaren.

Druckfahnen sind elektronisch ab Anfang August erhältlich.

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© Cover: Verlag, Foto(s): Trine Hisdal

Presse- und Autorenstimmen

So ungefähr das Beste, was er je geschrieben hat.

(

Turid Larsen, Dagsavisen

)

Wenn ich es mit Karl Ove Knausgårds autobiographischem Romanwerk vergleichen sollte, müsste ich sagen, dass Knausgård in der Welt der Ideen sucht, während Ketil Bjørnstad die Beziehungen zwischen den Menschen unter die Lupe nimmt.

(

Guri Hjulstad, Trønder-Avisa

)

Textprobe(n)

53 (Auszug)
Die Trauer. Die Feierlichkeit. Das versteinerte Gesicht von Jackie Kennedy hinter dem dunklen Schleier. Die zwei kleinen Kinder, die sie an der Hand halten. Caroline und John-John. Als ich viele Jahre später dieses Foto betrachte, sehe ich auch den erwachsenen, immer noch jungen John, der eine Spritztour mit seinem Privatflugzeug macht und auf dem Weg nach Hyannis Port mit zwei schönen Frauen an Bord ins Meer stürzt. Es sind diese unvorhersehbaren, aufsehenerregenden Ereignisse, die die Familie verfolgen. Als das Jahr 1964 beginnt, scheint die Welt immer noch feierlich gestimmt nach den Beerdigungszeremonien und Gedenkfeierlichkeiten in Washington im vergangenen Jahr. Die Menschen, die auf dieser dünnen Erdkruste wohnen, flüstern miteinander, so wie man es macht, wenn man die Kirche nach einer Beerdigung verlässt, um den Toten oder die Trauernden nicht zu stören. Nach den Weihnachtsferien scheint es, als könne ich nicht mehr zum Alten, Vertrautem zurückkehren. Mads und Bryn sind immer öfter zusammen und Sverre hält sich an die Mädels. Ich gehe allein zur EM im Eisschnelllauf ins Bislett Stadion und sehe wie Knut Kupper’n Johannesen es nicht einmal auf das Siegertreppchen schafft. Ist es so, wenn man älter wird? Dass man ständig gegen sich ankämpfen muss. Schlechter und schlechter wird? So schlecht, dass man sich schließlich erhängt oder sich zum Sterben niederlegt? Tormod und Vater hätten mitkommen sollen, aber es kam ihnen etwas dazwischen. Tormod hat eine Karteikarte über jeden Läufer und weiß mehr über Rundenzeiten als Jorsett und Bjørnsen vom NRK. Sie waren im letzten Winter um sechs Uhr früh aufgestanden, als Jonny Nilsson Kupper‘ns Weltrekord auf zehntausend Meter brach und einen Vorsprung von fast dreißig Sekunden hatte. Ich stehe in der Südkurve, wo es am billigsten ist, und nehme einen schwachen Geruch von warmen Würstchen, scharfem Senf, Grog, Tabak und Schnaps wahr. Der Geruch des erwachsenen Mannes. Vater hat mir beigebracht, ruhig im Publikum zu stehen und Rednern zuzuhören, die ich nicht einmal verstehe, aber als ich sehe, wie Ants Antson, Jurij Jumasjev und der junge Peter Ivar Moe sich Runde um Runde vorwärts kämpfen, gibt es für mich nichts zu verstehen. Ich spüre nur die Magie des Ereignisses, etwas, das uns über den Alltag hinaushebt, egal was es ist. Die Rundenzeiten sind für alle um mich herum wichtig. Es wird sogar von alten Männern mit Hut gejubelt, als Per Ivar Moe sich bei jedem Durchgang einige Zehntel weiter voranarbeitet. Ich stehe mäuschenstill und halte heimlich zu den sowjetischen Läufern. Besonders Ants Antson aus Estland hat etwas an sich. Das lange Gesicht, das dunkle Haar, der elegante Name. Wie es wohl wäre, wenn ich Ketil Ketilson hieße. Der Name würde Autorität verleihen. Mit einem solchen Namen könnte man Trainer oder Sportlehrer sein. Oder könnte Sagaliteratur in mehreren Bänden schreiben. Aber mein Vater heißt Per und Ants Antson ist nur Eisschnellläufer. Er setzt sich nicht in Szene, sondern blickt geradeaus, während er seinen Körper den unerträglichsten Prüfungen aussetzt. Meine Freude war groß, als er es schließlich schafft, auf das oberste Siegerpodest steigt und den Lorbeerkranz entgegennimmt. Das behalte ich für mich. Dennoch wird mir warm ums Herz, als Per Ivar Moe Bronze bekommt. Er ist ja erst dreiundzwanzig Jahre alt. Er wirkt einsam, schüchtern. Er lächelt nur zaghaft, als alle seinen Namen brüllen. Er gefällt mir. Bald wird er an der Reihe sein. Nachdem Knut Johannesen glücklicherweise die Zehntausendmeter gewonnen hat und die Siegerehrung vorüber ist, bleibe ich noch stehen, bis alle außer den Wachleuten gegangen sind. Dieser schnelle Übergang vom Ereignis zur Leere bewegt mich, versetzt mich in eine Art Trance. Dies ist meine Einsamkeit. Nur meine. Es gefällt mir dort, wo ich einfach nur hinaus ins Nichts schauen kann, so wie ganz oben auf den Skisprungschanzen im Sommer. Menschen, die das Stadion verlassen. Die langen Schlangen an den Ausgängen. Die zunehmende Leere, die vereiste Bahn, die allmählich größer und kälter wirkt. Die sich verlierende Energie. Das Echo eines Ereignisses, das von nun an nur noch als Erinnerung hervorgerufen werden kann. Ein allmählicher Abbau der Ekstase. Das schwindende Licht. Das blaue, kalte Januarlicht über den Tribünen der Westseite und der Nordkurve. Es wird bald ganz dunkel sein, doch ich bleibe stehen. Die Gedanken sind lange Gänge, in die ich hineingehe. Die vibrierende Leere, in der alles Zukünftige erschaffen wird. Nach einer halben Stunde werfen die Wachleute mich hinaus.

Aber am Montag bin ich zurück mit meinen Schlittschuhen und meinem Speck. Ich erzähle Bryn nicht, dass ich in die Stadt fahre, um zu trainieren. Ich bin lieber allein. Bislett wartet auf mich. An diesem Nachmittag trainiert niemand sonst auf dem Eis. Die Wachleute haben oben auf den Tribünen aufgeräumt, aber nach dem Zehntausendmeter-Lauf gestern ist das Eis immer noch voller Spuren von den letzten Läufern. Ich beschleunige auf der Längsseite, damit die Geschwindigkeit ausreicht, um es ohne Zwischenschritt durch die Nordkurve zu schaffen. Dann stürze ich genau dort, wo Hjallis während der Europameisterschaft 1951 gestürzt ist. Der Oberschenkel schmerzt, ich rapple mich auf und laufe weiter, vergesse aber, die Zeit zu stoppen. Das spielt auch keine Rolle. Ich krümme den Rücken und laufe, gleite, setze einen Fuß über den anderen, laufe wieder.

Danach hänge ich mir die Schlittschuhe um den Hals und schlendere hinunter durch Homansbyen und den Schlosspark zum Nationaltheater, wo ich stehenbleibe und mir die Fotos der aktuellsten Filme anschaue.

Die Welt die meine war. Die Sechziger Jahre
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag
ca. 800 Seiten
Format: 138 x 228mm
Auslieferung: ab 1. September 2018
D: 26,00 Euro A: 26,80 Euro CH: k. A.

ISBN (Print) 978-3-95510-163-3

ALS EBOOK:
Datenformat(e): epub
Auslieferung: ab 1. September 2018
D: 16,99 Euro A: 16,99 Euro CH: k. A.
ISBN (eBook) 978-3-95510-171-8

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