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Nach Amerika, sagte Jonathan

Belletristik

Gonçalo M. Tavares

Nach Amerika, sagte Jonathan

Aus dem Portugiesischen übersetzt von Christiane Quandt und Frank Henseleit.

Kupido Travelogue N° 2

"In Amerika" ist eine Erzählung, in der der Autor und ein Begleiter namens Jonathan die USA bereisen. Im Gepäck haben sie ein Porträt Kafkas, und es zeigt sich, dass dieses Gepäckstück Einfluss auf den Verlauf der Reise gewinnt, ganz im Sinne des Porträtierten, der im Romanfragment "Der Verschollene" einst ebenfalls eine Amerikareise schilderte.

Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors

Verlagstexte

In Deutschland bislang nur wenig bekannt, ist Gonçalo M. Tavares seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 2001 eine der wichtigsten Stimmen der portugiesischen Literatur. Schon früh wurde seine herausragende Rolle vor allem von Autoren wie José Saramago und Alberto Manguel erkannt und gewürdigt.

Dass sich vor allem Autoren immer wieder veranlasst sahen, sich zu Tavares‘ Schaffen zu äußern, ist mit einiger Gewissheit darauf zurückzuführen, dass er sich wiederum als Erzähler immer wieder mit den Persönlichkeiten und dem Werk namhafter Kollegen beschäftigt hat. Das "Viertel" seines zehnteiligen Zyklus O Bairro bevölkern Bewohner, die es nicht dem Zufall verdanken, auf Namen wie Brecht, Kraus und Walser zu hören. Der Erzähler aus Nach Amerika, sagt Jonathan und sein Begleiter hingegen führen ein Porträt Kafkas mit sich. Mit diesem Bild zu reisen, macht aus der Reise etwas anderes, als wäre man ohne das Bild des Dichters unterwegs. Das Bild besitzt die Macht, die Orte der Reise im Sinne Kafkas zu überformen. Die Erzählung entpuppt sich als "Projekt Kafka", mit dessen Hilfe "die Landschaft durch Kafkas geisterhafte Anwesenheit" poetisch verändert werden kann.

Downloads

© Cover: Verlag, Foto(s): Joana Caiano

Presse- und Autorenstimmen

In dreißig Jahren, wenn nicht schon früher, wird Tavares den Nobelpreis gewinnen, und ich bin sicher, meine Vorhersage wird sich erfüllen … Tavares hat kein Recht, im Alter von 35 Jahren so gut zu schreiben. Man möchte ihn schlagen!

(

José Saramago

)

Die Literatur von Gonçalo M. Tavares ist radikal und erlaubt uns nicht, gleichgültig zu bleiben. Tavares ist ein Meister in der Kunst, den Leser zu schockieren.

(

José Castello, Ípsilon

)

Tavares ist einer der ehrgeizigsten Schriftsteller dieses Jahrhunderts.

(

Alberto Manguel

)

Textprobe(n)

Wer eine Prothese hat, muss sie aus Sicherheitsgründen abnehmen.
Das steht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter einer sehr ausdrucksstarken Bildtafel nebst anderen Warnungen und Hinweisen, wie Achtung: Wenn Sie Rückenprobleme haben, wenn Sie in geschlossenen Räumen Platzangst haben, usw. usf.
"Haben Sie Angst in geschlossenen Räumen, leiden Sie an Klaustrophobie?"
"Nein", antwortete Jonathan.
"Haben Sie Rückenprobleme?", wurde Jonathan gefragt.
"Nein. Mein Rücken ist einwandfrei."
"Tragen Sie irgendeine Prothese?"
"Ja."
"Die müssen Sie dann ablegen."

Jonathan setzt sich am Eingang zum vergnüglichsten Vergnügungspark, den Universal Studios, hin und greift nach seinem rechten Bein. Alle erkennen binnen kürzester Zeit, was vor sich geht. Dies ist kein echtes, richtiges, menschliches Bein: Es ist eine Prothese. Jonathans Finger sind geschickt wie ein Mechaniker, der alle Handgriffe auswendig kennt; wie jemand, der an einem Auto, an irgendeiner Maschine, die herumsteht, eine Schraube löst. Jonathan zeigt dabei keinerlei Regung.

Das Bein liegt da, abgelegt auf einer zweiten Bank.

Die Schlange am Eingang zum vergnüglichsten Vergnügungspark, den Universal Studios, war lang; aber es kam keine Ungeduld auf, alle respektierten, was geschah, diese Verzögerung, diese Umstände. Alle erwarteten, dass Jonathan seine Beinprothese abgebe, um weitergehen zu können. Aber nach einer kurzen Pause, machten sich seine flinken und geschickten Finger am anderen, dem zweiten Bein, zu schaffen. Und ja, es bestand kein Zweifel mehr, er war dabei, mit den zierlichen Händen sein zweites Bein abzuschrauben. Zwei Prothesen! Du lieber Gott, was für ein Pechvogel, denken die Leute. Eine Frau holte sogar ein Taschentuch heraus und senkte den Kopf; sie war ergriffen, das sah man.

Die zwei metallenen Beine, wie sie daliegen, funkeln scharf in der Sonne, direkt am Eingang zum vergnüglichsten Vergnügungspark, den Universal Studios. Der eine oder andere vom hinteren Teil der Schlange verdreht den Hals, um zu sehen, ob dieser Mann, Jonathan, schon drinnen ist, um zu verstehen, was da los ist.

Tatsächlich machte Jonathan ein paar Bewegungen, die auf den ersten Blick geheimnisvoll und danach widersinnig schienen. Einen Augenblick lang dachten manche Leute aus der Schlange, dass dieser Mann neben seinen Beinen auch den Verstand verloren hat. Jonathan fummelte am rechten Ohr, als stellte er einen Radiosender ein, kleinste Justierungen, präzise Handgriffe, fast wie ein Uhrmacher, der einen Ohrring herausnimmt, genau das – aber Jonathan trägt keinen Ohrring. Es wurde schnell deutlich. Er nahm keinen Ohrring ab, sondern das ganze rechte Ohr. Es ist eine Prothese. Er nahm es ab und legt es auf den Stuhl zu den zwei Beinen.

Der nächste Handgriff lässt dieses Mal nicht auf sich warten. Er greift nach seinem linken Ohr wie jemand, der wirklich einen Ohrring, den zweiten, abnehmen will. Und da ist es – auch das zweite Ohr. Ein vom Pech Verfolgter, ein Unglücksrabe. Und jetzt, was macht Jonathan jetzt? Von zwei Sicherheitskräften gestützt, da er sich nicht auf Krücken halten kann, die man ihm gereicht hatte, was macht Jonathan jetzt? Oder vielmehr, was machen da seine geschickten Hände? Richtig, sie greifen nach der Nase – die Nase ist auch eine Prothese!! Mein Gott, was geht da vor?

Nach Amerika, sagte Jonathan
Erzählung(en)
ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag

Enthält verschiedene Abbildungen, wie Schnappschüsse und Selfies des Autors.

ca. 100 Seiten
Format: k. A.
Auslieferung: ab 12. Juni 2021
D: 18,80 Euro A: 19,80 Euro CH: 25,95 CHF

ISBN (Print) 978-3-96675-079-0

Der Verlag im Netz:

Pressekontakt des Verlages:

Ruth Eising
+49 (0)160 1564308
r.eising(at)re-book.de

Vertriebskontakt des Verlages:

Frank Henseleit
+49 (0) 221 95799500
kontakt(at)kupido-verlag.de