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Die Tage des Rauchs

Belletristik

Ellis Avery

Die Tage des Rauchs

Aus dem amerikanischen Englisch von Alex Stern.
Mit einer Nachbemerkung von Sharon Marcus.

Vor 20 Jahren erschütterte der Terroranschlag auf das World Trade Center New York und die Welt. Ellis Averys Kunst ist es, unmittelbar und mit Feingefühl festgehalten zu haben, was meist hinter symbolträchtigen Bildern und Sachinformationen verschwindet. Sie hat aufgezeichnet, wie es war, am 11. September 2001 und den darauffolgenden Tagen in New York zu sein, und bezeugt und bewahrt auf einzigartige Weise die kennzeichnenden Stimmungen dieses historischen Schockmoments.

Verlagstexte

Das, was es nicht ist, ist das Besondere an diesem Buch: Es ist keine große Reportage, keine detaillierte Analyse, keine politische Denkschrift und kein berichthaftes Tagebuch. Ellis Avery hat einfach nur ein beinahe zartes Zeugnis für das hinterlassen, was bei historischen Ereignissen schnell unsichtbar wird: die Gefühle der Menschen. Wie die ganze Stadt erlebte sie einen Schrecken, mit dem fernab von den Kriegsschau­plätzen dieser Welt nie gerechnet wird. Auf das normale Leben senkten sich mit einem Schlag Tod, Bedrohung und Unsicherheit herab, gefolgt von dem Gefühl, irgendetwas tun zu müssen, um sich zu schützen, zu retten, weitere Gewalt zu verhindern und zurückzufinden in eine Normalität. Ellis Avery hat mit ihrem Text einen Weg gefunden, die Empfindungen dieser Septembertage scheinbar ganz privat und mit sanfter sprachlicher Knappheit einzufangen. Und gerade in ihrer nuancierten Zurückgenommenheit stellen ihre Skizzen aus der angegriffenen Stadt ein besonders eindrückliches, sehr reales und doch auch sinnbildhaftes Stück Erinnerung dar.

Downloads

© Cover: Verlag, Foto(s): Neil Goldberg

Textprobe(n)

Ruhet in Frieden

Asche auf Markisen. Die Asche, die die Frauen mit dem Wasserschlauch nicht erreichen konnten. Triefend von Asche die Pullover im Angebot. Die neuen Stiefel mit den eingeaschten Fußspitzen.

Meine Sehnsucht war grün: grüner Tee, meine grünen Postkarten, grüne Blätter im Central Park, die grünen Lungen der Stadt.

Die menschliche Lunge hat, wenn sie auseinandergefaltet wird, eine Länge von neun Metern.

Ich sah in der Asche ganz feine Fädchen beigemischt: vielleicht Asbest? Ich berührte sie nur geradeso mit der Spitze meines Fingers. Ich führte den Finger zögerlich an meine Zunge.

Die Asche war zusammengesetzt aus Stahl und Beton, ja, und aus zweihundertzwanzig Etagen Asbestisolierung. Aus Glas, aus Teppichen, aus Großraumbürostellwänden. Aus Computern, aus Kopierern, aus Fernsehgeräten, Telefonen. Aus Fahrstühlen. Aus Empfangsschaltern und Sesseln und Konferenztischen. Aus Restaurantbacköfen, aus strahlenden Flaschen mit Hochprozentigem. Und aus den Toten. Ich schwöre, ich habe Salz geschmeckt.

Die Toten waren unter uns, bedeckten die Pullover und die Markisen und bedeckten die neun Meter jeder Lunge.

 

Ristorante Delfina (San Francisco)

Kerzen, Leinentischdecken, Spiegel. Die Menschen unterhielten sich lauter, als wir es die ganze Woche über gehört hatten. So viele Sätze machten für uns gar keinen richtigen Sinn. "Mein Training lief gut heute. – Glaubst du, er mag mich wirklich, oder sagt er das nur so? – Ich hab Sanders quasi weggefegt; ich hab ihn einfach vernichtet. – Ich sammle Erstausgaben."

"Sie sprechen über sich selbst. Deshalb", sagte Sharon.

"Ah ja, das ist es."

Zusammen mit meinen Tränen kam alles wieder zurück: die brennenden Türme, die schwarzen Rauchsäulen, die weiße, von den Pullovern triefende Asche, die in den Trümmern stehenden Fassadengitter, die drei seilspringenden Mädchen mit ihren medizinischen Masken, die Stadt aus Kerzen und die Tausenden Toten; Mychal, Vasantha, Sally, Manuel.

"Das war zu viel, was wir gesehn haben", schluchzte ich. "Das war zu viel."

Die Tage des Rauchs
ALS BUCH:
Hardcover
152 Seiten
Format: 108 x 176 mm
Auslieferung: ab 16. August 2021
D: 18,00 Euro A: 18,50 Euro CH: 24,50 CHF

ISBN (Print) 978-3-940357-89-2

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