Belletristik
Athena Farrokhzad
Bleiweiß. Gedicht
Reihe Lyrik Band 67, gestaltet von Andreas Töpfer
Mein Bruder sagte: Das Vergangene ist ein Übergriff der niemals aufhört
Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors
- Anlegestellen für Helligkeiten. Gedichte
 - Camp Zenith. Gedichte
 - Der Pirat, der von Pi den Wert nicht kennt
 - Etymologischer Gossip. Essays und Reden
 - Gestohlene Luft. Gedichte
 - Gustav Haarnack ‒ Das Leben auf dem Land. Aufzeichnungen
 - Mush. Gedichte
 - Ousia. Gedichte
 - Risiko und Idiotie
 - Spliss
 - Ungeheuer. Stücke/Gedichte
 - Unter Stunden. Album I
 - Venice singt. Gedichte
 - das vogelmot schlich mit geknickter schnute. zweiundzwanzig elfzeiler
 - der rest ist resonanz. gedichte
 - fachsprachen XLVI‒LIV. Gedichte
 - liedvoll, deutschyzno. Gedichte
 - neu-jerusalem. Gedicht
 
Verlagstexte
Meine Mutter sagte: Es gibt eine Stummheit, die sich der Übersetzung widersetzt – Vitsvit, Langgedicht und Geschichtserzählung, wie Athena Farrokhzad ihr Debüt nennt, findet klare Bilder und knüpft doch ein Geflecht von Mehrdeutigkeiten. Bleiweiß setzt ein mit der Ankunft der vor dem Krieg im Iran geflohenen Familie in Schweden und nimmt rasch dramatische Form an, die Familienmitglieder ordnen sich (moralischen) Positionen zu und sprechen im Wechsel – bis auf die Erzählerin selbst. Mutter, Vater, Bruder, Onkel und Großmutter spielen mit verdrehten Redewendungen, extravaganten Metaphern und Sprichwörtern unter anderem auf die Themen Erbe, Verantwortung für die Familie, Identität und (Mutter-)Sprache an. Dabei wird die Tochter zwar adressiert, angeklagt und zur Rede gestellt, verweigert aber Antwort und die Einnahme einer Position. So ist das Gedicht durchdrungen von der Vielzahl an Stimmen, die ihre Familie ist oder sein könnte, von der sie ein Teil ist oder sein könnte, und entzieht sich zu einfachen Wahrheiten. Sie zeigen sowohl auf sich selbst und eigene Vergehen als auch auf ein Außen, den Krieg und die damit einhergehende Verrohung der Sprache. Doch in und durch Sprache erkennt die Familie auch die Möglichkeit, Widerstand zu leisten. Für die Erzählerin selbst besteht der Widerstand in ihrer Redeverweigerung. (Clara Sondermann)
In meinen Arbeiten verschmelze ich lyrische, politische und konzeptuelle Verfahren. Mich interessiert die Intimität, die gesellschaftliche Ordnungen offenbart. Und, mit den Worten von Adrienne Rich: Art means nothing if it simply decorates the dinner table of the power which holds it hostage. (Athena Farrokhzad)
Die Übersetzerin Clara Sondermann (*1990) studierte skandinavische und deutsche Literatur in Berlin und Reykjavík. Sie arbeitet als Lektorin, Redakteurin und Übersetzerin.
Ausgezeichnet!
 Eines der 5 schönsten deutschen Bücher 2020, Allgemeine Literatur
 Eine der 10 Lyrik-Empfehlungen 2020, Übersetzung
Presse- und Autorenstimmen
Athena Farrokhzads Werk wie auch ihre Person haben eine Resonanz, der man sich schwer entziehen kann. In Schweden ist sie eine bedeutende Persönlichkeit, eine entschiedene Feministin und Linke. Und eine herausragende Autorin. An der Oberfläche erzählt „Bleiweiß“ eine Geschichte von Migration und wie diese Vertrautes prägt und zugleich verzerrt. Jede*r in diesem Gedicht hat etwas zu sagen über das Trauma der Migration und die Auswirkungen der Globalisierung auf alle Bereiche der Intimität, noch da wo kaum miteinander geredet wird. Und das Gedicht spielt viele Register. Mal ist es metaphorisch und manieriert, dann wieder direkt und unverblümt, auch zärtlich.
(Juliana Spahr
)Athena Farrokhzad ist eine sehr einfache und zugleich sehr komplexe Collage gelungen. Das "systematische Spiel mit Unterschieden" und die "Infragestellung von Repräsentationen" (Rosalind Krauss) in jeder Zeile – wer spricht, in wessen Namen, in wessen Sprache – machen Farrokhzads Poesie stark und notwendigerweise instabil.
(Jörgen Gassilewski, Sveriges Kulturradio
)Poesie als Widerstand ist das zentrale Motiv in Bleiweiß. Dieses Buch ist eine Kampfzone.
(Pernilla Berglund, Versopolis
)Video
Textprobe(n)
Mein Vater sagte: Dein Bruder rasierte sich noch bevor der Bart anfing zu wachsen
 Dein Bruder sah ein Terroristengesicht im Spiegel
 und wünschte sich ein Glätteisen zu Weihnachten
Mein Bruder sagte: Ich möchte eines Tages in einem Land sterben
 in dem die Menschen meinen Namen aussprechen können
Meine Mutter sagte: Wenn wir uns wiedertreffen werden wir so tun
 als hätten wir uns nicht gekannt als du hungrig warst und ich dir Milch gab
Meine Großmutter sagte: Pistazien für die Zahnlosen
 Rosenkränze für die Gottlosen
 Teppiche für die Obdachlosen
 und eine Mutter für dich
Mein Vater sagte: Arbeit für die Arbeitslosen
 Lohn für die Lohnlosen
 Papiere für die Papierlosen
 und einen Vater für dich
Mein Bruder sagte: Kabel für die Kabellosen
 Organe für die Körperlosen
 Transfusionen für die Herzlosen
 und einen Bruder für dich
Meine Mutter sagte: Sauerstoff für die Leblosen
 Vitamine für die Kraftlosen
 Prothesen für die Beinlosen
 und eine Sprache für dich
Mein Vater sagte: Wie viel Widerstand kann Menschenfett tragen
 bevor sich die Peitschenstriemen einschreiben
 Mein Vater sagte: Wenn du das Alphabet vergisst
 findest du es auf meinem Rücken
Mein Vater sagte: Erst wenn du dem vergibst der dich verraten hat weißt du was Gewalt bedeutet
Mein Onkel sagte: Gibt es eine einzige Pfütze in der sich der Krieg seine blutigen Hände
 nicht gewaschen hat
Mein Onkel sagte: Es gab jene die mit jedem Sonnenaufgang hingerichtet wurden
 Es gab jene die zurückblieben und die Vollstreckung der Urteile verfolgten
Meine Mutter sagte: Warum rufen sie zu Gott von den Dächern
 Haben sie vergessen dass Gott die Peitsche hielt
 als ihre Mütter gefoltert wurden
Mein Onkel sagte: Was wird aus uns wenn wir unsere Befreiung mit den gleichen Mitteln
 erkämpft haben die uns auch gefangen hielten
Meine Mutter sagte: Erst wenn du mich in dieser Erde begräbst
 gehört diese Erde zu dir
Meine Mutter sagte: Sprich die Sprache die es wert ist mich zu verraten
Meine Großmutter sagte: Eine Wunde in der Dämmerung wo die schlaflose Nacht eindringt
 Das Dunkel lässt sich nicht fassen
 Die Wahrnehmung anderer Himmel an denen andere Monde ruhen
Mein Bruder sagte: All die Samen
 dazu verurteilt
 in diese Erde zu fallen und nie zu erblühen
 Für sie soll die Erde aufreißen
 
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                    Bleiweiß. Gedicht
Lyrik
 
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                    ALS BUCH:
Hardcover
72 SeitenFadenheftung
Format: k. A.
Auslieferung: März 2020
D: 19,90 Euro A: 20,50 Euro CH: k. A.
ISBN (Print) 978-3-937445-99-1
 
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Die Autorin bzw. der Autor im Netz:
 
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Der Verlag im Netz:
 
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Pressekontakt des Verlages:
Daniela Seel
+49 (0)30 40053974
daniela.seel(at)kookbooks.de
 
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Vertriebskontakt des Verlages:
Daniela Seel
+49 (0)30 40053974
daniela.seel(at)kookbooks.de 
          
    
    
                    
                    
                                
      
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