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La Catherine

Belletristik

Franziska Löpfe

La Catherine

Wie war das Leben für eine junge Frau 1970, die vom Land in die Grossstadt kam und bis dahin nichts von der 1968er Bewegung gehört hat? Plötzlich stellt sich die Frage neu, welche Frau sie sein will.

Verlagstexte

Die aus der Ich-Perspektive erzählte Geschichte handelt von einer jungen Frau, die 1970 aus dem Walliser Bergdorf Fiesch nach Genf auswandert.

In einer ersten Lehre lernt sie kopieren, berechnen und Kaffee kochen. Nach einem Ferienaufenthalt in Finnland entdeckt sie ihr Interesse für Architektur und findet anschliessend eine andere Lehrstelle in einem Architekturbüro in Genf.

Das soziale Leben der jungen Frau vom Dorf ändert sich in der anonymen Grossstadt radikal. Sie wird mit anderen Lebensformen konfrontiert, lernt die Liebe kennen und sucht ihren eigenen Weg. Die wilden siebziger Jahre und wie sie eine junge Frau erlebte, die vom Land in die Grossstadt kam, werden mit Distanz und Leichtfüssigkeit auf beeindruckende Art erzählt.

La Catherine ist der erste Roman von Franziska Löpfe.

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© Cover: Verlag, Foto(s): Axel Leif

Textprobe(n)

Das Gebimmel des Signals verstummt, der kleine rote Zug mit den drei Wagen kommt quietschend zum Stehen. Ich schaue mich um. Vor mir, etwas unterhalb, liegt mein Dorf mit seiner alles überragenden Kirche, hinter mir braungebrannte kleinere Häuser und Ställe. Sie kauern am steilen Hang, wie böse Geister starren sie auf mich und meinen Koffer aus geflochtenem Bast, der von zwei Lederriemen zusammengehalten wird. Ich packe ihn am Holzgriff, hieve ihn die zwei Stufen hoch auf die Plattform, steige hinterher und verstaue ihn im Gepäcknetz. Dann setze ich mich in Fahrtrichtung hin, betrachte die anderen Passagiere, die ich alle kenne wie sie mich. Es sind Arbeiterbauern, die in die Düngemittelfabrik Lonza fahren, um zusätzliches Geld zu verdienen. Zwanzig Jahre früher ging noch niemand in eine Fabrik arbeiten, alle Lebensmittel und einen grossen Teil der Gebrauchsgüter stellten meine Vorfahren selber her, Getreide, Milch und Fleisch, Gemüse, Obst, Wolle, Hanf und Leinen für die Kleider, Leder für die Schuhe. Bloss Salz und Eisenwaren mussten sie kaufen oder tauschen. Heute brauchen wir Geld. Wir sind modern geworden.

Als der Zug zu ruckeln beginnt, schaue ich zurück, sehe eine Gruppe Kinder mit Taschentüchern winken. Mein jüngerer Bruder Arnold und vier meiner kleinen Schwestern stehen auf dem Kirchplatz vor unserem Elternhaus, das vom Pfarrhaus fast verdeckt wird. In diesem Haus wurden wir alle geboren. Schnell stehe ich auf, ziehe das Fenster herunter, so weit wie möglich, winke zurück. Arnold will bald nachkommen, doch die kleinen Schwestern werden ganz auf sich gestellt sein. Ich werde sie vermissen, doch die Erleichterung überwiegt. Ich werde mich nicht mehr um sie zu kümmern brauchen. Der Fahrtwind trocknet meine Tränen, bevor sie über die Wangen rollen können. Als das Haus hinter der nächsten Kurve verschwindet, setze ich mich wieder hin. Von nun an schaue ich nur noch nach vorn. Ich bin sicher, dass sich der Vorhang beim Küchenfenster nicht bewegt hat.

Meine Mutter will mir nicht Adieu sagen. Sie lässt mich ohne Segen ziehen. Sie will nicht einmal heimlich sehen, wie ich wegfahre. Vater hat irgendwann nachgegeben, den Vertrag für das Haushaltslehrjahr in Genf unterschrieben. Nun beim Abschied steckt er mir eine Zwanzigernote zu, viel Geld, für mich und für ihn, sagt, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen, "à Dieu".

Mir ist nicht nach Versöhnung. Ich habe seine andere Prophezeiung im Ohr: Du wirst wie alle anderen rauschgiftsüchtig oder schwanger aus Genf zurückkommen. Das ist ein Fluch.

Mein grosser Bruder ist mir böse. Er bleibt. Er soll die Landwirtschaft übernehmen. Immerhin darf er an die Bauernschule. Im Dorf sind sie der Meinung, ich ginge in die Stadt, weil mir ihre Gesellschaft zu wenig sei. Stimmt. Ich wolle halt keinen Hiesigen heiraten, habe sowieso nur Kino und Tanzen im Sinn. Stimmt. Aber bin ich eine Schlampe, wenn ich eigenes Geld verdienen will, etwas lernen, vorwärtskommen, Spass haben? Ich käme bestimmt mit einem Lackaffen aus der Stadt zurück, sagen sie. Stimmt nicht. Mein Bruder schämt sich meinetwegen, verleumdet mich. Auch seinetwegen meidet mich die Dorfjugend. Seit feststeht, dass ich wirklich gehe.

La Catherine
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Hardcover
144 Seiten
Format: k. A.
Auslieferung: ab 17. Dezember 2020
D: 24,00 Euro A: k. A. CH: 26,00 CHF

ISBN (Print) 978-3-03867-032-2

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+41 (0)32 3233631
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